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Anne Janssen MdB
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Tourismus verdient mehr Wertschätzung

19.08.2022

Im Café den Nachmittag oder im Hotel das Rundumsorglos-Paket genießen – als Gast ein Traum, doch für Fachkräfte in tourismusaffinen Berufen scheinbar nicht attraktiv genug, denn an immer mehr Stellen mangelt es an ausgebildetem Personal. Das Nachwuchsproblem der Branche führt immer häufiger zu Einschränkungen im Service oder den Öffnungszeiten, in manchen Fällen zu zeitweisen Schließungen. Doch wie lassen sich gute Kräfte gewinnen und was muss sich dafür in der deutschen Tourismus-Landschaft ändern? Dieser Frage gingen jetzt die Bundestagsabgeordnete Anne Janssen und ihr Gast, die Vorsitzende der CDU/CSU-AG Tourismus im Deutschen Bundestag, Anja Karliczek auf dem Gulfhof von Joke Pouliart in Friedrichsgroden nach. Auch die beiden Lehrer der BBS Wittmund, Robert Peris und Steffen Streitz waren eingelanden, um einen Einblick in die aktuelle Ausbildung hier und im europäischen Ausland zu geben.

„Wir sind absolute Tourismusregion, deutsche und internationale Gäste lieben die Nordsee und das Binnenland. Trotzdem bilden wir vergleichsweise wenige Kräfte aus. Das liegt auch daran, dass viele junge Menschen Optionen wie Hotel-, oder Restaurantfachkraft, aber auch die angeschlossenen Dienstleitungsgewerbe bei ihrer Berufswahl nicht auf dem Schirm haben – auch weil sie nicht gut beworben werden.“, so Streitz. Dies sei aber nur einer von vielen Faktoren. Sein Kollege Peris ergänzt „Wir konnten an der BBS Auslandsaufenthalte in diesem Bereich etablieren und erleben zum Beispiel in Österreich eine ganz andere Wahrnehmung.“ Dem stimmt auch Anja Karliczek, die selbst ausgebildete Hotelfachfrau ist, zu: „Ich höre das überall in Deutschland. Der komplette Bereich Tourismus mit all seinen Facetten erfährt einen Mangel an Wertschätzung, der sich bis zum Kunden durchzieht. Junge Menschen so dafür zu begeistern, wird für viele zur Herkulesaufgabe.“

Anne Janssen, die im Bundestag auch im Tourismusausschuss sitzt, blickt angesichts der Entwicklungen mit ernster Stimmung auf ihre Heimatregion: „Die Lage hat sich nicht erst in diesem Sommer angespannt. Und so kann es nicht bleiben, sonst werden Regionen wie meine den Anschluss verlieren. Zahlreiche Betriebe und Familien leben hier oben vom Tourismus und die Bemühungen um eine gute zukunftsorientierte Weiterentwicklung, zum Beispiel beim Thema Nachhaltigkeit, sind groß. Gleichzeitig aber kämpfen viele nach zwei Jahren Pandemie nun damit, die Wünsche ihrer Gäste aus anderen Gründen nicht bedienen zu können.“ 

Wie aber hebt man eine ganze Branche zurück aufs richtige Gleis? Robert Peris: „Unsere europäischen Nachbarn bilden teilweise ganz anders aus als wir. Tourismus-Fachleute erhalten eine umfassende Grundqualifizierung in den affinen Berufen und spezialisieren sich erst zum Schluss ihrer Ausbildung. Sie sind hochgeschätzt und können besonders in kleineren Betrieben als Generalisten viel bewegen.“ Auch Joke Pouliart kennt diese Anforderungen von Kollegen und könnte selbst mehr Nachwuchs gebrauchen: „Ich kann wie viele hier nicht sieben Spezialisten für jeweils ein paar Stunden einstellen. Das ist auch die Arbeitnehmer kein tragbares Modell. Aber ein, zwei fitte Leute mit etwas breiteren Kenntnissen, das ginge, sogar durchgängig.“

Anja Karliczek gefällt das übergreifende Konzept der Querschnittsausbildung, das neben Österreich etwa auch in Finnland praktiziert wird: „Wir in Deutschland, und damit meine ich Betriebe, Schulen, Gäste und Verbände, stehen uns an vielen Stellen selbst im Weg. Eine Ausbildung mit gemeinsamen Elementen und modularisierter Spezialisierung wäre schwer auf allen notwendigen Ebenen durchzusetzen, fürchte ich. Aber es ist ein gutes Modell, das für alle Vorteile brächte.“ „Mit der aktuellen Situation fahren wir nicht gut, sondern vor die Wand. Das ist, was Gastronomen und Hoteliers mir immer wieder sagen. Nur allein, dass wir das wissen, ändert nichts. Ich nehme gern gute Ideen mit und setze mich dafür soweit es geht in Berlin ein. Wichtig ist aber auch das Land Niedersachsen, und auch meinen Kollegen dort werde ich auf die Nerven gehen.“, so Anne Janssen. Sie ist sich mit den Gesprächsteilnehmern einig: „Jeder Beteiligte in der Branche will dem Tourismus auf die Füße helfen. Es geht aber nicht jeder für sich, sondern nur gemeinsam. Und es darf nicht bei einer Absichtserklärung bleiben, für keine Seite.“

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