55. Sitzung vom 23.09.2022, Top 30 16. Kinder- und Jugendbericht
Vizepräsident Wolfgang Kubicki:
Nächste Rednerin ist die Kollegin Anne Janssen, CDU/ CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Anne Janssen (CDU/CSU):
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Als der von uns heute debattierte 16. Bericht über die Lage junger Menschen und die Bestrebungen und Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe vor nunmehr zwei Jahren fertiggestellt wurde und dazu bereits aktuelle Problem- und Konfliktlagen für unser demokratisches System bewertet wurden, waren die Klimakrise, die Pandemie, das Fluchtgeschehen und weitere zentrale Herausforderungen ernsthafte Schwergewichte für unsere Gesellschaft. Dass nun noch Krieg, Inflation und eine Energiekrise hinzukommen, vergrößert den Bedarf an politischer und demokratischer Kompetenz enorm. Glücklicherweise sind unsere Jugendlichen bereits heute – das hörten wir heute schon mehrfach – sehr interessiert an ihrer Umwelt, ehrenamtlich engagiert, gut vernetzt, digital, mobil, proeuropäisch, kurzum: Demokraten von morgen. Dass die Folgen von Corona und Inflation aber aktuell auch die Strukturen der Demokratiearbeit bedrohen, so die Träger der politischen Bildung in der letzten Woche, besorgt mich. Denn durch die zweijährige Zurückhaltung zum Schutz vor Infektionen sind viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer den Präsenzveranstaltungen ferngeblieben. Dazu kommen jetzt enorme Kostensteigerungen für die Angebote der politischen Bildung, die so für viele Menschen zu teuer oder für die Anbieter einfach unwirtschaftlich wären. Doch der Bedarf an Austausch und Orientierung über gesellschaftliche Vorgänge ist größer denn je. Die anerkannten Träger der politischen Bildung bitten Sie, liebe Bundesregierung, nun um kurzfristige finanzielle Hilfe. Mit Blick auf Ihren Koalitionsvertrag und den Haushaltsentwurf wäre eine solche Stärkung der etablierten Strukturen in meinen Augen auch nur folgerichtig; denn fehlende Strukturen lassen sich nur schwer verstetigen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Auch die Schulsozialarbeit ist als Schnittstelle zwischen Schule und außerschulischen Institutionen ein wichtiges Angebot zur Demokratieförderung. Dass Sozialarbeit und politische Bildung auch stärker im Coronaaufholprogramm für Kinder und Jugendliche berücksichtigt werden müssen, ist daher eine logische Forderung aus der von Ihnen im letzten Sommer angesetzten Expertenanhörung. Schade also, dass der Schwerpunkt Bildung trotz großer Defizite nun völlig im Nachfolgeprogramm fehlt. Da hilft auch die Ankündigung eines Startchancen- Programms der Bundesbildungsministerin wenig, wenn weder das Geld noch ein Konzept vorliegen. Ganz im Gegenteil: Der Aufschub bis ins Jahr 2024 bei diesem wichtigen bildungspolitischen Vorhaben ist ein bezeichnendes Statement der neuen Regierung auf Kosten unserer Kinder und Jugendlichen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Liebe Bundesregierung, gern hätten wir die Handlungsempfehlungen des Berichts selbst umgesetzt. Doch nun sind Sie am Zuge. Unsere Kinder, Jugendlichen, Eltern und die Institutionen werden Sie an nicht mehr als Ihren eigenen Worten der letzten Jahre messen. Bitte enttäuschen Sie sie nicht.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)