Ab 2026 hat jeder Erstklässler in Niedersachsen einen Rechtsanspruch auf einen Ganztagsplatz – zumindest theoretisch, denn in der Praxis könnte ein enormes Finanzierungsdefizit diesen Anspruch noch vor seinem Inkrafttreten gefährden. Das Vorhaben wird jeweils anteilig durch Bund, Länder und Kommunen finanziert. Das Problem: die bislang beschlossenen Anteile könnten für die Kommunen nicht umsetzbar sein.
Nach einem Treffen mit Grundschulen und Kommunen am vergangenen Montag zu diesem Thema ziehen die Bundestagsabgeordnete Anne Janssen und die Landtagsabgeordnete Katharina Jensen auch für die Region eine ernüchternde Bilanz. „Der Ausbau der Ganztagsbetreuung ist maßgeblich für eine Entlastung der Familien und eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Ein Scheitern würde fehlende Betreuung und fehlende Planungssicherheit bedeuten. Mit einem Finanzierungsanteil von 3,5 Milliarden Euro leistet der Bund zwar einen erheblichen Beitrag, doch wenn es am Ende trotzdem nicht reicht, müssen wir uns besser gestern als morgen fragen, ob der Anteil wirklich groß genug ist. Leider macht die aktuell verfahrene Haushaltslage der Ampel auch jeden sinnvollen Anspruch aktuell zu einer nicht absehbaren Aufgabe.“
„Wir sehen deutlich: Das Geld reicht nicht und ohne deutlich mehr Geld vom Land droht die flächendeckende Umsetzung des Rechtsanspruchs auf einen Ganztagsplatz für Erstklässler ab 2026 zu scheitern. Deswegen hat die CDU-Fraktion in Niedersachsen in ihrem Haushaltsentwurf für 2024 gefordert, dass die Mittel, die das Land für den Ganztagsausbau an Grundschulen zur Verfügung stellt, um 15 Millionen Euro aufgestockt werden. Damit stünden rund 25 Millionen Euro statt bisher 10 Millionen Euro von Landesseite bereit“, sagt Katharina Jensen, CDU-Landtagsabgeordnete. Denn die Kommunen, auch in Friesland und Jade, seien teilweise nicht in der Lage, die teils enormen Investitionssummen zu stemmen. Auch dann nicht, wenn sie „nur“ 15 Prozent der Gesamtkosten übernehmen müssten.
In Zahlen bedeutet das für die hiesigen Kommunen zum Beispiel einen Anteil von voraussichtlich rund 67.000 Euro für die Gemeinde Bockhorn, knapp 175.000 Euro für die Stadt Varel oder knapp 170.000 Euro für die Stadt Schortens. Für den Landkreis Friesland inklusive seiner Städte und Gemeinden belaufen sich die Kosten aktuellen Zahlen zufolge auf etwa 733.000 Euro. Dazu findet auch Melanie Sudholz, als CDU-Kreistagsmitglied des Landkreises Friesland im Ausschuss Schule, Sport, Kultur, klare Worte: „Unser Anspruch muss sein, dass unsere Grundschulen so gut aufgestellt sind, dass eine bedarfsgerechte Ganztagsbetreuung möglich ist. Das bedeutet neben mehr Räume für Erholung und Freizeit auch funktionale Teams, mehr Schulsozialarbeit, Kooperationen und pädagogisches Personal. Jährliche Personalkosten, die noch nicht eingeplant sind, und die die Kommunen zusätzlich aufwenden müssen.“