Schärfere Regularien, hohe Strompreise, immer weitere Verbote, das ist
die Bilanz eines Austausch der Bundestagabgeordneten Anne Janssen und
der Landtagsabgeordneten Katharina Jensen (beide CDU) mit dem
Wilhelmshavener Standort des Unternehmens Vynova. Der Termin
unterstrich: der Industriestandort Deutschland macht es seinen
Unternehmen immer schwerer.
Hier am Standort des Chemie-Unternehmens entsteht das hochwertige
und vielseitig einsetzbare PVC, aus dem zum Beispiel Fensterprofile, Rohre
oder Kabelummantelungen, aber auch Medizinprodukte wie
Infusionsbeutel hergestellt werden. Über die letzten Monate allerdings sei
die Produktnachfrage etwa aus der Bauwirtschaft deutlich
zurückgegangen, so das Unternehmen. „Bei 50% Produktion arbeiten die
Anlagen nicht effektiv. Die Verunsicherung in den Märkten kommt bei uns
Produzenten von Grundchemikalien jetzt an“, so Produktionsleiter Dr.
Benno Krüger.
Und auch der hohe Strompreis macht dem Wilhelmshavener Werk zu
schaffen. So lag der durchschnittliche Preis pro Megawattstunde 2022 bei
etwa 230 Euro – zum Vergleich blieb im selben Zeitraum der Preis im
Partnerwerk im französischen Mazingarbe bei stabilen 42 Euro. „Dass das
nicht nur weltweit, sondern bereits innerhalb des europäischen Marktes
ein erheblicher Nachteil ist, ist selbsterklärend. In den vergangenen
Jahren haben sich die Rahmenbedingungen hier in Deutschland erheblich
verschärft. Wir können nicht darauf warten, ob sich die Lage wieder
bessert oder bis dahin die Unternehmen einfach abgewandert sind“, so
Anne Janssen.
„Die Gespräche des heutigen Tages haben wieder einmal deutlich
gemacht, dass wir für unsere energieintensiven Industriebetriebe jetzt
einen günstigen Industriestrompreis benötigen, deswegen bin ich sehr
beunruhigt über die jüngsten Aussagen unseres Bundeskanzlers, der genau diesem Industriepreis eine Absage erklärt hat“, so
Landtagsabgeordnete Jensen.
Aus Brüssel droht nun eine zusätzliche Belastung: Die europäische
Chemikalienagentur (ECHA) prüft derzeit ein generelles Verbot von Perund
polyfluorierten Stoffen (PFAS). Mit schwerwiegenden Folgen für die
Industrie. „Solch ein generelles Verbot führt z.B. bei der Handhabung von
korrosiven Stoffen und hohen Temperaturen zu großen Problemen
hinsichtlich Emissionen und Sicherheit, betriebsbewährte und beständige
Dichtungen können nicht mehr verwendet werden und gleichwertige
Ersatzprodukte sind nicht verfügbar“ wie Andreas Scholz (VP QSHE der
Vynova Gruppe) ausführt.
„Von der Herstellung einer Teflonpfanne bis zum Bau eines Windrades
findet sich diese Stoffgruppe in unserem Alltag wieder, die Verzahnung ist
riesig. Ohne einen praktikablen Weg und passende Folgeprodukte fehlt
den Unternehmen bei einem pauschalen Verbot die
Bewältigungsstrategie – und uns damit die Produkte. Und es betrifft nicht
nur Produkte wie Feuerschutzkleidung, sondern auch Chemikalien, die für
die Umsetzung des europäischen Green Deals benötigt werden. Also
riesige Wertschöpfungsketten“, beleuchtet Anne Janssen das Ausmaß.
„Deutschland ist zu einem Hochkostenstandort geworden, bedingt durch
starke Steuerbelastungen, hohe Lohnnebenkosten, lange
Genehmigungsverfahren und starke Regulierungen. Wir sehen
zunehmende Kapitalflucht und die Gefahr der Deindustrialisierung, auch
in Niedersachsen“, ermahnt Katharina Jensen. Laut Jensen benötigen die
Wirtschaft und der Mittelstand eine Unternehmenssteuerreform statt
weiterer unattraktiver Fördertöpfe, und mehr finanzielle Mittel für den
Ausbau der Häfen- und Strasseninfrastruktur, sowie die Wiedereinführung
der Cofinanzierung des Breitbandausbaus. „Das wäre Entwicklung des
ländlichen Raums“, fasst Jensen zusammen.
Einfach abzuwarten, ist keine Option, doch die Situation scheint
verfahren. Zusammen mit vier weiteren Ländern will auch die Ampel-
Regierung das Verbot durchsetzen. „Arzneimittel, Mikrochips – zahlreiche
Engpässe der vergangenen Jahre haben gezeigt, welchen Nachteil eine
Abwanderung von Unternehmen in das außereuropäische Ausland hat.“,
warnt Janssen und hier ist die Runde sich einig. Jetzt gilt es, sich gegen ein
pauschales Verbot und für den Erhalt des Industriestandorts einzusetzen.
23.08.2023