56. Sitzung vom 23.09.2022, Top 5 Kostenheranziehung in der Kinder- und Jugendhilfe
Vizepräsidentin Yvonne Magwas:
Für die CDU/CSU hat das Wort Anne Janssen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Anne Janssen (CDU/CSU):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Jedes Kind hat es verdient, in einer intakten Familie, einem fürsorglichen Umfeld und bei den eigenen Eltern aufzuwachsen. Dennoch bleibt dies bedauerlicherweise Tausenden Kindern und Jugendlichen in Deutschland verwehrt. Keines dieser Kinder hat sein Schicksal selbst zu verantworten, also sollte auch keines dieser Kinder unter den ohnehin erschwerten Lebensbedingungen zusätzlich stigmatisiert werden.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Da, liebe Regierung, stimme ich Ihnen zu. Es stellt sich heute die Frage: Inwieweit benachteiligt die derzeitige Kostenheranziehung von bis zu 25 Prozent die arbeitenden Jugendlichen, und welche Gedanken liegen ihr zugrunde? Tatsächlich haben die vollstationären Leistungen zum Ziel, die Heranwachsenden in eine eigenverantwortliche Lebensführung zu begleiten, und zu dieser gehört eben auch die wirtschaftliche Selbstständigkeit. Die Kostenbeteiligung wurde keineswegs als Gegenfinanzierung der pädagogischen Hilfen gedacht oder soll die Jugendlichen für ihr Schicksal bestrafen. Ihr liegt allein der Erziehungsgedanke zugrunde. Ebenso möchte ich klarstellen, dass die Jugendlichen ihren Verdienst aus einem Ehrenamt, einem Schüler- oder einem Ferienjob selbstverständlich auch heute schon behalten dürfen – das hörten wir vorhin schon –, genauso wie die Leistung bereits heute individuell vom Jugendamt geprüft und Zuschüsse für außerordentliche Aufwendungen gezahlt werden. So darf zum Beispiel ein mir bekanntes Pflegekind heute schon seine volle Vergütung behalten, weil es für seine Ausbildung ein Auto benötigt. Auch der Führerschein wurde durch das Jugendamt mitfinanziert. Die Pflegefamilie versicherte mir, dass völlig unabhängig vom Verdienst des Jugendlichen selbst mit dem Pflegesatz und dem Kindergeld bereits alle Ausgaben gedeckt sind, eben auch diese für Taschengeld, Kleidung und Hobbys. Das sind Dinge, die Jugendliche in ihrer Herkunftsfamilie spätestens mit einem eigenen Einkommen selbst tragen müssten. Oder haben Sie während ihrer eigenen Ausbildung noch Taschengeld von Ihren Eltern bekommen? Ich nicht.
(Denise Loop [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das tut mir leid!)
Auch das, liebe Bundesregierung, ist ein bestehendes Ungleichgewicht. Und der Pflegevater sucht den Erziehungsgedanken in Ihrem Gesetzentwurf vergebens. Ja, ein Einkommen als eigene Leistung ist unerlässlich für die Selbstständigkeit, aber das Bewusstsein von gleichzeitigen Ausgaben ebenso. Bei dieser nötigen Lehre sollte nicht der Verwaltungsaufwand Ihr Handeln bestimmen. Letztlich werden uns die parlamentarischen Beratungen und die Anhörung der Sachverständigen über die Eignung Ihres Vorhabens aufklären. Diese warten wir also ab.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)